Bericht aus der Ratssitzung April 2024

Handlungskonzept für Vielfalt verabschiedet

Linker Antrag gegen Tarifdumping im Taxigewerbe 

Das gestern vom Rat verabschiedete Handlungskonzept „Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt“ soll die Akzeptanz und Sichtbarkeit von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt fördern und stärken. Das fand die Zustimmung fast des gesamten Rates der Stadt. Nur die AfD stimmte dagegen und die Tierschutzpartei enthielt sich.

Der linke Antrag gegen das Tarifdumping im Taxigewerbe konnte zurückgezogen werden, weil jetzt Bewegung in die Sache gekommen ist. 

Die linke Fraktionsvorsitzende Heike Kretschmer war krank und konnte an der Ratssitzung nicht teilnehmen.

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Handlungskonzept geschlechtliche und sexuelle Vielfalt verabschiedet

Mit dem aktuellen Ratsbeschluss ist das bundesweit erste Handlungsprogramm „Gleichgeschlechtliche Lebensweise“ von 1999 zum dritten Mal weiterentwickelt und den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und Bedarfen angepasst worden unter breiter Mitwirkung der Community. Damit werden sowohl Handlungsfelder als auch Maßnahmen beschrieben, die die Verwaltung selbst umsetzen will als auch in Betrieben, Vereinen, verschiedenen Institutionen stärker für die Themen geschlechtliche und sexuelle Vielfalt sensibilisieren sollen. 

Ratsherr Jürgen Zierus bedankte sich bei der Verwaltung für die Erarbeitung des Konzeptes und begründete die Zustimmung der linken Fraktion mit dem Grundgesetz. Denn die Würde des Menschen ist unantastbar und dieser Maßstab ist die Grundlage des Konzeptes. 

Die AfD nutzte die Debatte, um das Anliegen des Handlungskonzeptes verächtlich und lächerlich zu machen, ganz im Sinne ihres reaktionären Weltbildes vom letzten Jahrtausend. Natürlich ließ sie es auch nicht aus, gleichzeitig gegen Zugewanderte zu hetzen. Denn „die AfD ist nur an der Seite der queeren Communitiy, wenn sie dadurch ihren Rassismus streuen kann“, so brachte es Silas Haake von den Grünen auf den Punkt.

Gegen das Konzept stimmte nur die AfD, die Tierschutzpartei hat sich enthalten. Den SPD-Antrag, bereits jetzt die finanziellen Mittel dafür im Haushaltsentwurf 2025/2026 festzuschreiben, wurde von den linken Fraktion unterstützt. Denn die mit dem Konzept einhergehenden Vorhaben benötigen auch den entsprechenden finanziellen Unterbau. Die anderen Fraktionen haben den Antrag mit dem Verweis auf die Haushaltsdebatte im Herbst abgelehnt. 

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Gegen Tarifdumping im Taxigewerbe

Die linke Fraktion hat einen Antrag gegen Tarifdumping im Taxigewerbe gestellt. Denn der Plattformanbieter Uber setzt mit Dumpingpreisen die ohnehin schon angeschlagene Taxibranche in Essen stark unter Druck. Mit ihrem Antrag griff die linke Fraktion einen Vorschlag aus der Branche zur Einführung von Festpreisen und eines Tarifkorridors auf. Mehr Informationen dazu finden sich in unserer Pressemitteilung zum Thema.

Da es aber zwischenzeitlich einen Austausch der Verwaltung mit dem Taxiverband Essen e.G. gibt und dieser selber bald einen entsprechenden Antrag stellen wird, hatte sich der linke Antrag erledigt und konnte deshalb zurückgezogen werden. Nach Antragstellung der Taxiverbände wird das Thema als Verwaltungsvorlage wieder auf den Tisch kommen.  Die Fraktion wird weiterhin das Gespräch mit der Taxibranche suchen, um über den Sachstand des Verfahrens auf dem Laufenden zu sein. Schließlich sollte in Essen möglich sein, was auch in Berlin möglich ist. 

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Planungsmittel für den Umbau Stadion Hafenstraße

Die Bereitstellung von 1,15 Mio. Euro Planungsmittel für den Ausbau der Stadionecken des RWE-Stadions wurde einstimmig beschlossen. CDU und Grüne haben zwei Tage vorher mit einem Antrag ein großes Paket weiterer sportpolitischer Beschlüsse eingebracht, die allerdings größtenteils bereits beschlossene Sache sind.

Jürgen Zierus bewertete das als einen „charmanten Umarmungsbeschluss“, um die Kritiker aus den grünen Reihen zu beruhigen, die zuletzt einen Bürgerentscheid vorgeschlagen haben. Diesen Vorschlag hat Die Linke in einer Pressemitteilung als eine diskussionswürdige Idee unterstützt. Das hat sich aber mit dem gestrigen Ratsbeschluss erledigt. Auch der Fraktionsvorsitzende der SPD, Ingo Vogel, merkte an, dass der ergänzende Antrag von CDU/Grüne nur ein „Antrag zur inneren Beruhigung der Gestaltungskoalition“ sei. Deshalb lehnten die SPD und Die Linke ihn auch ab.

Die Ratsfraktion Die Linke hat es sich mit ihrer Zustimmung zu der Verwaltungsvorlage nicht leicht gemacht. Jürgen sprach diese Bedenken an, auch dass die Sozialpolitik nicht darunter leiden darf. Ihre Fragen an die Verwaltung im Vorfeld der Ratssitzung für ein besseres Verkehrskonzept, insbesondere für Radfahrende und den ÖPNV, sind beantwortet worden. Bereits jetzt gibt es bei Spielen von RWE große Verkehrsprobleme im Umfeld. Immerhin werden Vorprüfungen für eine Umweltspur bis zur Freiheit Emscher, die auch eine Straßenbahnlinie beinhalten kann, gerade ausgearbeitet. Der Beschlussvorschlag, die Ecken auszubauen, kommt erst im nächsten Jahr wieder in den Rat.

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Bezahlkarte für Geflüchtete

Die AfD hatte einen Antrag zur Einführung von Bezahlkarten für Geflüchtete gestellt, notfalls auch im Alleingang durch die Stadt Essen. Dazu berichtete Sozialdezernent Peter Renzel, dass es zur Einführung einer Bezahlkarte einen Beschluss des Bundestages zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes gibt. Diesem muss der Bundesrat am jetzigen Freitag zustimmen. Dann würde es eine einheitliche Regelung geben. Auch der Deutsche Städtetag hat deutlich gemacht, keinen Flickenteppich zu wollen.

Deshalb wurde der Antrag der AfD ohne Debatte abgelehnt. Nur das EBB stimmte dafür und damit zum wiederholten Mal für einen AfD-Antrag. Es scheint, als bilde sich da eine neue Allianz. Das EBB hätte sich wie alle anderen Befürworter einer Bezahlkarte mit den Ausführungen von Herrn Renzel zufrieden geben können, da die Bezahlkarte auch ohne den Antrag der AfD ziemlich sicher eingeführt wird. Es ging dem EBB wohl eher darum, der AfD beim Einreißen der „Brandmauer“ zu helfen.

Die Linke lehnt die Einführung von Bezahlkarten weiter ab. Sie hat im Vorfeld der Ratssitzung einen Offenen Brief von AWO, Pro Asyl, DGB-Jugend, Steele bleibt bunt, Grüne Jugend, VVN-BdA und vielen weiteren Verbänden unterstützt, der sich gegen Bezahlkarten ausgesprochen hat. Mehr dazu in der aktuellen Pressemitteilung der Fraktion.

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Sachstand Schulentwicklungsplanung

Mit einem aktuellen Sachstandbericht hat die Verwaltung über den Fortschritt bei der Umsetzung des Schulbauprogramms berichtet. So konnten die personellen Ressourcen verbessert werden, indem 29 von 36,5 Planstellen in den verschiedensten Fachbereichen besetzt werden konnten. Außerdem wurde eine Prioritätenliste über die anstehenden Maßnahmen erstellt, was die linke Fraktion begrüßt.

In der Evaluation über das 5-Säulen-Modell für mehr Schulraum zeigt sich aber auch, dass es fatal ist, dass die Stadt den Schulbau in PPP-Modellen an Investoren vergeben muss und ihr Flächen fehlen. Denn aufgrund fehlender Gewinnerwartungen konnten gewisse Angebote bisher nicht umgesetzt werden. Die Linke hatte bereits beim Einstieg in die PPP-Modelle die Privatisierung im Bildungsbereich kritisiert. Denn Gewinne sollten dort nichts zu suchen haben.

In der Debatte ging es auch um die Einrichtung einer Gesamtschule im Essen Süden, deren Notwendigkeit auch schon die Schulentwicklungsplanung festgestellt hat. Dafür hat sich Die Linke im Vorfeld der Ratssitzung mit einer Pressemitteilung ausgesprochen. Denn bisher gibt es keine einzige Gesamtschule im Essener Süden.

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Aktionsplan für Nachhaltige Energie und Klima

Gleich drei Vorlagen zum Aktionsplan für Nachhaltige Energie und Klima (SECAP) mit konkreten Maßnahmeempfehlungen wurden zur Entscheidung vorgelegt. Dabei geht es bei der Mitmachkampagne um die Verantwortung der Einzelnen für klimaschonendes Verhalten, um die Ansiedlung klimafreundlicher Unternehmen sowie um die Einrichtung eines Inkubators Energie und Klimaschutz, mit dem Firmengründungen in dem Bereich unterstützt werden sollen. 

Da die linke Fraktion für eine ökologische Transformation der Wirtschaft ist, insbesondere wenn sie auch einen messbaren Klimaeffekt hat, hat sie den Vorlagen zugestimmt.

In einer peinlichen Rede („draußen ist es kalt“) und am Thema vorbei leugnete Ratsfrau Andrea Poußet von der AfD den Klimawandel und damit auch die Verantwortung der Gesellschaft und der Einzelnen dafür. Die AfD stimmte ebenso wie DIE PARTEI gegen die Vorlagen.

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Und sonst?

  • Die linke Fraktion hat eine Anfrage zum Ausfall von OGS-Betreuungszeiten gestellt. Denn um den Rechtsanspruch auf einen Platz im Offenen Ganztag für jede:n Erstklässler:in ab 2026 und jedes Grundschulkind ab August 2029 in Essen erfüllen zu können, gibt es noch viel zu tun. So lag die Betreuungsquote im Offenen Ganztag im Schuljahr 2022/2023 bei ca. 47 % und unter Berücksichtigung der „Schule von acht bis eins“ bei ca. 58 %. Die Verwaltung gab die Prognose ab, dass diese Zahlen im aktuellen Schuljahr trotz Erweiterungen in etwa stagnieren werden. Verständlicherweise fallen manche OGS-Betreuungszeiten aufgrund von Krankheit oder anderen Gründen aus, wodurch die wirkliche Betreuungsquote noch niedriger ausfällt. 
     
  • Schuldezernent Muchtar Al Ghusain berichtete, dass mit dem Startchancen-Programm der Bundesregierung bundesweit 4.000 Schulen in benachteiligten Lagen unterstützt werden sollen, darunter 28 Schulen in Essen. Für diese gibt es besondere Förderungen bei Personal und Ausstattung. Das Land hat die Schulen anhand des Sozialindexes ausgesucht. Diese haben bis zum 10. Mai Zeit zur Rückmeldung, ob sie daran teilnehmen wollen. In der nächste Sitzung des Schulausschuss am 8. Mai gibt es dazu eine ausführliche Information der Verwaltung.
     
  • Die Ruhrbahn erhält eine neue Geschäftsführerstruktur. Die Arbeitnehmerseite ist dafür eingetreten, wegen der großen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt und dem Fachkräftemangel, einen Arbeitsdirektor einzustellen. Außerdem soll ein Sprecher der Geschäftsführung eingestellt werden. Der neue Arbeitsdirektor soll auf einstimmigen Vorschlag der Arbeitnehmervertreter der Betriebsratsvorsitzende Ahmet Avsar werden. Die Linke unterstützt diesen Vorschlag. Allerdings wird eine Umstrukturierung alleine nichts nützen, solange die Ruhrbahn keine ausreichende finanzielle Ausstattung aufweist.
     
  • Weil die städtische Immobilie „Theaterpassage“ an der Rathenaustraße veräußert wird, braucht es neue Spielstätten für die mittelgroße Spielstätte Casa und die kleine Spielstätte Box. Für die Box wurde bereits Ersatz in der ehemaligen Heldenbar im Grillotheater gefunden. Für die Casa soll jetzt das ehemalige Theater an der Rottstraße 28 umgebaut werden. Dazu hat die Verwaltung zwei Variantenvorgestellt und eine davon zur Entscheidung vorgeschlagen. Diese wurde gegen die Stimmen von AfD und EBB mehrheitlich angenommen. Die linke Fraktion hat dem zugestimmt, auch weil die Casa, vor allem mit dem theaterpädagogischen Programm, die Umsetzung eines breiten Kinder- und Jugendtheaterprogrammes möglich macht, ebenso wie die stärkere Zusammenarbeit mit der freien Theaterszene Essens. Darüberhinaus ist es ein weiterer Beitrag zur Belebung der City Nord ist.